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systemisch?

Für unsere Verstehensarbeit ist ganz zentral, dass Menschen sich in Gemeinschaften, Gruppen, Clans aufhalten und aus diesen in ganz eigener Weise hervorgehen. Sie sind sehr wesentlich das Ergebnis dieser Erfahrungen und bringen diese in ihre aktuellen Bezüge ein. Zudem handeln Menschen auch immer im Zusammenhang einer Gruppe, der sie sich zugehörig fühlen und versuchen diese zu erhalten (auch wenn es überhaupt nicht danach aussieht). Sie spielen nicht zufällig innerhalb ihrer jeweiligen Systeme eine bestimmte Position, nämlich die, die sie verinnerlicht haben, weil sie einmal erfolgreich oder hilfreich war. Zum Beispiel, weil bestimmte Muster in der Kindheit funktional waren, um (psychisch) zu überleben. Nicht selten passen diese tief eingespurten Überlebensstrategien nicht in die Gegenwart, nicht zu den jetzt aktuellen Menschen und verhindern damit befriedigende Beziehungen. Konflikte, Schwierigkeiten und Störungen sind aus dieser Sicht als das unerwünschte Ergebnis dieser Dynamiken und Prozesse nachvollziehbar, vor allem wenn man mitbedenkt, dass es ja um etwas geht: Nämlich um unsere (psychischen) Bedürfnisse, die wir besonders in intimen und nahen Beziehungen adressieren. Wenn dann sozusagen noch Rechnungen aus der Kindheit oder vorangegangenen Beziehungen offen sind, versuchen nicht wenige, dieses Defizit mittels ihrer aktuell Nächsten auszugleichen. Die Fähigkeit sich selbst zu regulieren und zu versorgen, kommt ganz entscheidend zum Tragen. Viele Männer, auf die ich weiter unten noch zu sprechen komme, zeigen oft einen sozialisations- und kulturbedingten Mangel an - ich nenne es mal - Nahbarkeit. Sie machen sich dann von der Emotionsarbeit ihrer Partnerinnen abhängig und geraten in eine verhängnisvolle Schleife aus Abhängigkeit und Entwertung. Sie externalisieren. Darunter leiden dann alle Beziehungen innerhalb des Systems. Denn darum geht es aus meiner Sicht: Um Beziehungen, echten Kontakt und Resonanz. Psychologie wandelt sich vor dem Hintergrund dieser Erkenntnisse mehr und mehr zur Lehre gelingender Vergemeinschaftung. Die Fähigkeit, Beziehungen zu führen, so wie wir aktiv ein Leben führen, ist deshalb eine der drei Säulen echten Lebensglücks, wie u.a. Dami Charf sie beschreibt. Mindestens ebenso wichtig in der systemischen Beratung und Therapie ist die Arbeit mit den inneren Systemen. Damit sind innere Anteile gemeint, die analog zu einem Team oder einer Familie miteinander interagieren, Konflikte austragen und, wie auch äußere Systeme, Ordnungen herstellen, die dann Denken, Fühlen und Handeln eines Menschen bestimmen. Friedemann Schulz von Thun und Richard C.Schwartz haben die Annahmen über menschliche Systeme auf innerpsychische Prozesse angewandt und damit Werkzeuge entwickelt, die heute aus Therapie und Beratung nicht mehr wegzudenken sind. Komplex denken, einfach handeln In systemischen Gedankenwegen laufen diese Ebenen ineinander und Zusammenhänge werden verstehbar, Irrationales wird erklärbar. Lösungen können entwickelt, Ressourcen (wieder) genutzt werden. Die Wirkung kleiner Veränderungen, die ja bekanntlich immer mit dem ersten Schritt beginnen, sind immer wieder erstaunlich und faszinierend. Wie der berühmte Schmetterlingsflügelschlag oder das Mobile´ es als Bild verdeutlichen. Von Wegen meint beides: Die Wege, die neu sind und ein Stück begleitet werden und - "von wegen!" - den Widerstand und die Auflehnung gegen Routinen, Muster und Zwänge, der dafür nötig ist.