Trauma
"Traumareaktionen sind normale Reaktionen auf nicht normale Ereignisse" Victor Frankl
Traumata sind aus unserer Sicht ein integraler Bestandteil menschlichen Lebens. Die meisten Menschen haben traumatisierende Erfahrungen gemacht und kommen in ihrem Leben gut zurecht. Traumata, vor allem die kleinen T´s, wie Gabor Maté sie nennt, sind mehr oder weniger normal. Heute geht man, wenn Folgestörungen beobachtbar werden, davon aus, dass es singuläre, also einzelne Trauamatisierungen nicht gibt. Es kommt eher zum sogenannten "bloc building", bei dem sich traumatisierende Erfahrungen aufschichten. Um nicht zu weit auf das große und spannende Feld der Traumata vorzudringen, seien hier zwei relevant Faktoren benannt:
Traumata wirken sich auf die Beziehungsgestaltung der Menschen aus.
Der menschliche Organismus sucht Wege, damit zu leben, indem er reinszeniert und wiederholt.
Traumata, vor allem Bindungstraumata, die das Ergebnis (nicht nur) kindlicher Frustrationen sind, gehören für mich deshalb zu den zentralen Gesichtspunkten, wenn es darum geht, Geschichten zu verstehen. Systemische Traumaarbeit denkt ganz wesentlich mit, dass Traumata das Zusammenleben mitprägen oder sogar dominieren können.
In ihrem Buch "Wenn ich dich brauche, um mich zu lieben." beschreibt Kathi Körner sehr dezidiert die verschiedenen Konstellationen, die sich ergeben können.
Es kann deshalb sehr hilfreich sein, die Verletzungen und die Annahmen über sich, die sogenannten Glaubenssätze, in den Blick zu nehmen und Lösungsstrategien zu verändern. Mit Lösungsstrategien sind alle Verhaltensmuster gemeint, die herangebildet wurden, um (psychisch) zu überleben. Für den Komplex der Traumatisierungen bedeutet dies vor allem eine Anpassungsleistung, bei der es darum geht, neue Verletzungen zu vermeiden. Deshalb entwickeln Menschen einen besonderen Fokus, der dazu dient, potentiell schädigende Situation möglichst früh zu erkennen und zu vermeiden. Traumafolgen sind demzufolge Anpassungsleistungen, die das Überleben und die weitere Unversehrtheit sicher stellen sollen. Sie werden dann zum Problem, wenn die Folgen dysfunktional werden, weil sie behindern oder sogar schädigen wie z.B. bei Abhängigkeiten.
Es ist deshalb sehr aufschlussreich, Bedürfnisse und Strategien sauber voneinander zu unterscheiden.
Wenn Kinder ihre Bindungsfrustrationen, Entsagungen, Zurückweisungen oder Beschämungen, Bloßstellungen und Beschädigungen damit lösen, dass sie kleinste Stimmungsveränderungen wahrnehmen und sich sofort anpassen, hat das als Strategie einmal gut funktioniert. Wenn aber aus dem Erwachsenen ein "people pleaser" geworden ist, der es immer allen recht machen muss, entsteht früher oder später ein Problem. Leider werden diese "stillen Kinder" gerne übersehen und selbst von vielen Profis falsch eingeschätzt. Die lauten Jungs, die ihre traumatisierenden Systeme zurückverstören, werden viel früher wahrgenommen. Zum Glück können heute viele Pädagogen deren Not sehen und umsichtig reagieren.
So normal Traumata auch sind -sie werden von resilienten Menschen, also solchen mit guten Widerstandskräften und Schutzfaktoren, oft gut integriert - so beeinträchtigend sind sie für viele andere.
Als soziale Wesen sind wir dem Risiko, nicht gut versorgt oder sogar verletzt zu werden zwar ausgesetzt, wir sind aber ebenso dazu befähigt, in Gemeinschaft zu heilen und uns zu korrigieren. Dafür ist aus meiner Sicht ein sehr niedrigschwelliger Blick günstig, der den "guten Grund" zu erkennen sucht und Überlebensstrategien würdigt. Systemische Traumaarbeit nimmt in den hier nur skizzierten Ideen vor allem die Perspektive ein, dass die individuellen Prägungen und Charakteristika, die als Folge von Traumatisierungen zu verstehen sind, sich in sozialen Bezügen zu erkennen geben.
Wir arbeiten auf der Grundlage dieser Annahmen mit Ihren Traumata, in dem wir, wenn die Blockade und die Vermeidungsmuster aufgedeckt sind, die ursächliche Erfahrung mit ihnen korrigieren.